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Samstag, 16. März 2013

Kandidatenturnier: Erste Entscheidungen an Tag 2

Blick in den Turniersaal
Nachdem am ersten Tag alle Partien Remis endeten, brachte die zweite Runde des Kandidatenturniers in London die ersten Entscheidungen. Teimour Radjabov gewann seine Partie gegen Vassily Ivanchuk, dessen Uhr in bereits verlorener Stellung ablief. Boris Gelfand gab auf, nachdem Levon Aronian Gelfands König im Endspiel in der Ecke festsetzen konnte. Die Partie zwischen Magnus Carlsen und Vladimir Kramnik Remis steuerte demgegenüber recht schnell auf ein Remis zu. Auch Alexander Grischuk und Peter Svidler einigten sich nach zwischenzeitlichem Vorteil für beide Seiten auf eine Punkteteilung.
Nach zwei Runden wird die Tabelle geteilt von Aronian und Radjabov mit 1,5/2 angeführt. Gelfand und Ivanchuk übernehmen mit jeweils 0,5/2 die rote Laterne und müssen sich um den Anschluss an das Feld sorgen.

Stellung nach 18. Ld6
Ivanchuk entschied sich gegen Radjabov nach 1. d4 mit 3... f5 und 4... Sf6 für das Leningrader System der Holländischen Verteidigung. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass er seine Eröffnungswahl bereute. Denn spätestens nach 18. Ld6 (siehe Diagramm) fand Ivanchuks Turm auf der siebenten Reihe keine Ruhe mehr. Der schwarze Damenflügel ist unterentwickelt, während der König sehr unsicher steht. Das Qualitätsopfer 18... Lf6 wurde von Radjabov mit 19. Dd2 abgelehnt, denn der schwarzfeldrige Läufer steht auf d6 hervorragend und verhindert unter anderem eine Aktivierung des schwarzen Springers auf c4. Infolge des Drucks musste Schwarz im weiteren Verlauf seine Dame gegen Turm und Läufer geben. Ivanchuk geriet in arge Zeitnot und verlor die Partie nach 34 Zügen nach Zeit.

Stellung nach 26. Lh6+
Aronian und Gelfand betraten nach 1. Sf3 c5 2. c4 Sc3 die ausgetretenen Pfade der englischen Symmetrievariante. Aronian konnte seinen Vorteil während der gesamten Partie halten und den Abtausch des schwachen weißfeldrigen Läufers durch Gelfand verhindern. Nach 25... Tc8? entschied Aronian die Partie mit dem starken Zug 26. Lh6+ (siehe Diagramm). Gelfand darf den angebotenen Läufer nicht nehmen, da er nach 26... Kxh6 27. Txc8 Lxc8 28. Sxf7+ Kg7 29. Sxd8 in einem verlorenen Endspiel mit zwei Minusbauern steht. 26... Kf6 führt nach 27. Lg5+ Kxg5 28. Sxf7+ Kf6 29. Txc8 Lxc8 30. Sxd8 zum selben Resultat. Nach den Partiezügen 26... Kg8 27. Txc8 Lxc8 steht der schwarze König für den Rest der Partie unter der Kontrolle des Läufers auf h6 und ist aus dem Spiel, das Endspiel verloren. Gelfand gab dementsprechend nach 35 Zügen auf.

Carlsen gab sich mit einem halben Punkt zufrieden
Ebenfalls in der englischen Symmetrie-variante einigten sich Magnus Carlsen und Vladimir Kramnik relativ rasch auf ein Unentschieden. Kramnik zeigte sich nach der Partie unbeeindruckt von der Eröffnungswahl des Weltranglistenersten. Nach dem Abtausch aller Figuren mit Ausnahme jeweils eines Läufers bis zum 23. Zug sahen weder Carlsen noch Kramnik einen Weg zum Sieg. Das frühe Remis ist etwas überraschend, da gerade Carlsen dafür bekannt ist, auch Remisstellungen unerbittlich bis zum Sieg zu spielen. Erinnert sei an die Partie Carlsen - Karjakin im diesjährigen Wijk aan Zee-Turnier, in dem Carlsen eine scheinbare Remisstellung noch 25 Züge weiterspielte und Karjakin schließlich nach insgesamt 92 Zügen zur Aufgabe brachte. Allerdings ist der Großteil der Partien noch zu spielen, sodass Carlsen seine Kräfte vermutlich für aussichtsreichere Endspiele sparen wollte. Man kann davon ausgehen, dass Carlsen seinen Siegeswillen im Kandidatenturnier noch unter Beweis stellen wird.

Stellung nach 19... Dc6
Grischuk und Svidler hätten ihre Partie  beide für sich entscheiden können, einigten sich nach 41 Zügen in ausgeglichener Stellung aber auf ein Remis. Peter Svidler profitierte nach 19... Dc6 (siehe Diagramm) vom Fehlzug seines Gegners 20. h3 und geriet danach sogar in Vorteil. Stattdessen hätte sich Grischuk mit 20. La3 Tfd8 21. Lb4 Db6 22. Lxa5 Dxe3 23. Txe3 seinerseits in Vorteil bringen können. Ein außerschachliches Highlight fand nach Ende aller Partien im Presseraum statt. Alexander Grischuk spielte auf seinen schwachen Record gegen Grischuk an: "Ich habe Peters Plan durchkreuzt. Mir war klar, dass er gegen mich 2:0 gewinnen wollte, um dann zwölf Mal Remis zu spielen und zu beten, dass niemand sonst das Turnier mit mehr als +2 beendet. Jetzt ist sein Plan im Eimer!" Worauf Svidler mit einer Referenz an Baldrick aus der britischen Comedyserie Blackadder antwortete: "I have a cunning plan, my lord!" Einen schlauen Plan wird Svidler in der dritten Runde gegen Radjabov in der Tat parat haben müssen.

Morgen werden in der dritten Runde die folgenden Partien ausgetragen:
  • Gelfand - Carlsen
  • Ivanchuk - Aronian
  • Svidler - Radjabov
  • Kramnik - Grischuk


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